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Arbeit auf dem Land

Handwerk der Bauern neben Stall- und Feldarbeit um 1900

Neben ihrer täglichen Arbeit auf dem Feld, im Stall und im Wald übten viele der Bauern nach Feierabend oder während der arbeitsarmen Wintermonate noch andere Handwerke aus. Es vertrieb ihnen die Zeit während der dunklen Jahreszeit, viel wichtiger war dabei wohl, dass oftmals das Geld gespart werden sollte, diese Dinge des Alltags käuflich zu erwerben. Es war aber sicher auch eine Tradition, die über lange Zeit von Generation zu Generation weiter gereicht wurde.
Irgendeine handwerkliche Arbeit wie das Binden von Reisigbesen, das Flechten von Weidenkörben, die Reparatur der Pferdegeschirre, Spinnen der Schafwolle, Flicken von Säcken oder auch Stricken, Nähen und Stopfen von Bekleidung wurde in jeder Bauernfamilie ausgeführt.

1. Korbflechten

Das Korbflechten zählt zu den ältesten Handwerken der Menschen. Man benötigt kein besonderes Werkzeug dazu und Flechtmaterial, die Weidenruten, war fast überall vorhanden. Das Flechten könnte sogar das älteste Handwerk sein. Vielleicht gab der Bau der Vogelnester einst die Anregung, ähnliche "Gefäße" zum Sammeln und Aufbewahren von Waldfrüchten anzufertigen. Da Holz schnell verrottet, sind davon aber heute keine Erzeugnisse aus alten Zeiten bei Ausgrabungen auffindbar - im Gegensatz zu Tonscherben.

Eine Weide stand fast auf jedem Grundstück in Jänickendorf, denn hier herrschten durch die feuchten Sandböden bis zur späteren Melioration gute Bedingungen für deren Wachstum. Korbweiden wurden dazu extra angepflanzt, zum Beispiel im Elsenbruch und am Graben entlang der Röten.
Die Weidenruten schnitt man jedes Jahr um den Stamm herum ab, wo sie immer wieder neu ausschlagen. Sie müssen eine Länge von mindestens 1 - 2 Metern haben, möglichst von gleicher Stärke und ohne Äste sein. Deshalb eignen sich dazu am besten die Ruten der Korbweiden.
Bis in die 1960 er Jahre gab es in Jänickendorf sogar eine Weidenplantage. Sie gehörte dem Korbmacher Moltke aus Luckenwalde. Der Vorteil solch einer Plantage besteht darin, dass die Ruten hier gleich mit dem Grasmäher geerntet werden können. Das hat zu jener Zeit Richard Haberland für Moltke getan.
Das Schneiden ist im Spätherbst bis Winteranfang am günstigsten wegen der Feuchtigkeit des Holzes. Werden die Ruten nicht frisch verarbeitet und liegen schon längere Zeit, müssen diese vor dem Flechten ein bis zwei Tage in Wasser eingeweicht werden, um sie biegsam zu machen.
Sollen aus den Weidenruten Kartoffelkörbe geflochten werden, verarbeitet man diese mit der Rinde. Sie sind dadurch bei großer Belastung haltbarer.
Begonnen wird stets mit dem Flechten des Korbbodens, der bei einem runden Korb einen Durchmesser von ca. 35 cm beträgt. Dazu legt man vier gleichlange Weidenruten sternförmig über Kreuz zusammen. Das Flechten wird ähnlich dem Stopfen ausgeführt.
Ist dieser fertig, biegt man die überstehenden Weidenruten nach oben und flechtet nun bis zur gewünschten Höhe in Rundungen weiter. Beim Verwenden frisch geschnittener Weidenruten muss nach jeder dritten bis vierten Runde das Weidengeflecht verdichtet werden. Dazu legt man ein flaches Stück Holz auf die obere Flechtkante und schlägt mit einem dicken
Holzhammer darauf. Das ist nötig, weil sonst nach dem Austrocknen der Weide der Korb instabil und seine Haltbarkeit von geringer Dauer sein würde.
Die zum Schluss noch hochstehenden Enden der Weidenruten werden zu einem festen Randabschluss geflochten. Mit dem Durchstecken der letzten drei Weidenenden in den oberen Rand und dem Abschneiden der überstehenden Enden ist der Korb bis auf die Henkel fertig.
Diese werden rechts und links vom Korb angebracht. Dazu zieht man längere Weidenruten mit einer Stärke um die 3 - 4 mm bis zur Hälfte durch den oberen Flechtrand und dreht sie in sich zu einem Strang zusammen. Deren Enden werden dann in etwa 15 cm von der ersten Befestigung des Henkels ebenfalls in den Korbrand gesteckt und verflochten, so dass der Henkel auf beiden Seiten einen festen Halt hat und damit ist die Arbeit vollendet.
Um einen runden Korb zu flechten, benötigte der Betreffende schon einige Übung. Meist erkennt man die Körbe eines Anfängers an einer etwas leicht ovalen Form.


Zum Flechten eines eckigen Korbes steckte man vier 3 cm starke Hölzer in die Löcher einer Schneidebank und flocht um diese Hölzer den Korbboden. War dieser fertig, wurde dann entsprechend der gewünschten Höhe wie bei der Anfertigung der runden Körbe weiter nach oben geflochten. Für diese Korbhenkel wurde eine 2 bis 2,5 cm starke Weidenrute auf eine Biegevorrichtung gespannt,
nach dem Trocknen mit kleinen Nägeln an den Bodenhölzern des Korbes befestigt und eingeflochten. Die Seitenteile des Henkels dienen gleichzeitig als Eckstabilität und werden beim Flechten der Seitenwände mit eingeflochten. Der über die Seiten ragende Bügel dient als Griff am Korb.

Auch Gestecke und Kränze wurden als Grabschmuck zum Totensonntag früher von den Bauern selbst gebunden.

2. Reparieren der Pferdegeschirre

Natürliche passierte es bei der vielen Arbeit mit den Pferden, dass auch mal die Pferdegeschirre repariert werden mussten. Kleinere Reparaturen wie das Verschließen offener Nähte, Verlängern oder Zusammensetzen einer gerissenen einer Leine oder das Einsetzen von Schnallen führte der Bauer selbst aus. Größere Reparaturen oder das Anfertigen neuer Pferdegeschirre war das Handwerk des Sattlers.
Eine Sattlerbank konnte man auf fast jedem Bauerngehöft finden. Damit lassen sich notwendige Reparaturen besser durchführen. Außer einer Sattlerbank, auch "Sattlerpferd" genannt, waren noch einige Werkzeuge von Nöten. Dazu gehören speziell dafür gefertigte Nadeln, Ahle, Locheisen oder auch Priem, Sattlerzange, Sattlermesser.
Die Hauptarbeit des Bauern beim Reparieren der Geschirre bestand im Ledernähen. Flachszwirn eignet sich wegen seiner Haltbarkeit besonders gut. Zudem schneidet er nicht ein. Vor dem Nähen wird der Zwirn mit Wachs oder Pech eingerieben. So ist er beim Nähen schön geschmeidig und schimmelt nicht so schnell.
1480 wird erstmals ein Teerofen - zwischen Jänickendorf und Luckenwalde gelegen - in der Chronik erwähnt. Viele Jänickendorfer holten sich den hierfür benötigten Teer noch bis in die 1950er Jahre aus dieser Teerhütte.
Zum Bearbeiten setzt man sich auf die Sattlerbank, dabei befinden sich die beiden geöffneten Klemmbacken zwischen den Knien. Jetzt werden die zu nähenden Lederteile dazwischen geklemmt und die Klemmbacken mit den Knien zusammengedrückt. Nun sitzt das Teil fest
und beide Hände sind zum Nähen frei. Genäht wird meistens mit beiden Händen zugleich, wobei die eine Nadel nach rechts und die andere nach links in die vorhandenen Löcher geführt wird. Wird nur mit einer Nadel gearbeitet, muss nochmal von rechts nach links bis zum Anfang zurückgenäht werden. Bei diesem sogenannten Nähmaschinenstich sind keine Lücken in der gefertigten Naht. Müssen Löcher zum Nähen ins Leder gestoßen werden, geschieht das mit Hilfe einer Ahle oder eines Locheisens.

3. Binden von Reisigbesen

Besen wurden auf dem Bauernhof täglich in die Hand genommen. Sei es nun zum Ausfegen der Ställe, zum Säubern der Scheune, des Hofes, der Straße, der Wohnung u.a. Zwanzig Reisigbesen wurden so in einem Jahr benötigt.
Vor 100 Jahren gab es auch schon die Rosshaarbesen. Aber bei dem hohen Verschleiß durch täglich mehrmaligen Gebrauch konnte sich der einfache Bauer diese teuren Besen nicht leisten. Er fertigte sich seine Besen selbst an.
Am besten eignet sich zum Binden von Besen Reisig der Birke. Wichtig ist, dass die Zweige gerade gewachsen sind. Geerntet werden die Zweige im Winter, wenn das Gehölz ohne Laub ist.
Begonnen wird das Binden eines Besens mit dem Zuschneiden der Reiser auf gleiche Länge. Dann werden drei Packen davon mit der Hand gegriffen und zusammengebunden. Gebunden werden muss das Bündel an zwei Stellen. Einmal ganz oben und einmal ca. 15 - 20 cm tiefer. Dazu nutzte der Bauer eingeweichte Weidenruten, da diese biegsam sind. Es wird aber auch berichtet, dass man in den 50er Jahren ausgebuddelte Telefonkabel zum Binden genommen hat, was auf jeden Fall haltbarer ist als die Weidenruten.
Sind die Reiser geschnürt, wird der nicht gebundene Teil breit- also auseinander - gemacht und schräg nach oben beschnitten. Das Ende des gebundenen Teils erhält eine rund Form. Der Besen wird nun gepresst, um die Reiser abzuflachen und in eine gemeinsame Richtung zu bringen. Dazu legt man ein Brett auf das gefertigte Besenteil und beschwert es mit Steinen.

Als Stiel wurde meist ein kräftiger gerader Zweig der Haselnuss genommen, der an einem Ende grob zugespitzt ist. Dieser wird in das fertige Reisigbündel gerammt, was noch zur Verstärkung des Bündels beiträgt.
Da Weiden- und Haselruten den Besen nicht so gut mit dem Stiel verbinden wie Draht, nagelt man in diesem Fall den Stiel noch zusätzlich fest. Und damit ist der Besen fertig.

4. Backholz einbinden sind weitere Tätigkeiten, die vor allem während der Wintermonate auf dem Bauernhof durchgeführt wurden

Backholz wurde reichlich benötigt, denn aller vierzehn Tage wurde früher auf einem Bauernhof Brot gebacken.
Wald gehörte zu fast jedem Gehöft. Im Winter wurde hier Holz geschlagen, das als Bau- oder Brennholz weiter verarbeitet oder verkauft wurde.
Als Backholz eignet sich am besten das Grüne der Nadelbäume; in unserer Gegend vorrangig das der Kiefern. Waren die Bäume geschlagen, entfernte man mit der Axt die Äste und das Grüne. Letzteres wurde gleich an Ort und Stelle zu Backholz eingebunden. Man legt dazu ein Bündel Reisig auf den Boden und verschnürt es. Ist das Grün sehr störrisch, kniet man sich darauf, um es so besser binden zu können. Zum Binden wurde Hafer-, Weizen- oder Roggenstroh genommen. Da die Stängel bei Hafer und Weizen nicht so lang sind wie die des Roggens, muss man bei deren Verwendung die Reisigbunde etwas kleiner machen. Später wurde auch Garn zum Verschnüren genommen. Oft war es erforderlich, das Bündel mit einem Knebel festzuziehen, damit es beim Zusammentrocknen nicht auseinanderfällt.
Nur wenige waren in Besitz eines Reisigbindegerätes - auch Zackenpresse genannt-, in welches man eine Schnur einlegt, worauf dann die grünen Tannenzweige kommen. Ähnlich wie eine Schere schließt man das aufgeklappte Gerät, wodurch die Zweige zusammengepresst werden.
Die Schnur wird verknotet und ein Bund Backholz zum Brotbacken im Lehmbackofen, der sich auf fast jedem Gehöft befand, ist fertig.

5. Spinnen, Weben und Stopfen der Säcke

Bereits im Jahre 1818 werden in Jänickendorf zwei Leineweber mit je zwei Stühlen erwähnt und im Jahre 1840 sind es schon vier Leineweber. Der Leinenanbau ging aber immer weiter zurück und damit verlor sich auch der Beruf eines Leinewebers in Jänickendorf.
Auch das Spinnen hat keine große Tradition in unserem Dorf. Durch die feuchten Böden war das Halten von Schafen unrentabel. Schafe auf nassen Wiesen werden schnell von Klauenkrankheiten und Leberegeln befallen. Spinnräder standen deshalb nur ganz vereinzelt in den Stuben unseres Dorfes.

Das Spinnen mit dem Spinnrad macht Spaß. Das Schnurren des sich gleichmäßig drehenden Rades hört sich sehr melodisch an.
Die meisten Spinnräder werden mit einem Fußpedal in Bewegung gesetzt. Dadurch hat die Spinnerin beide Hände zum Arbeiten frei.
Vor dem eigentlichen Spinnen werden die Schafwollbüschel mit Hilfe zweier Kardetschen (Nagelbrett) aufgeteilt. Mit Betätigung des Fußhebels setzt das angetriebene Schwungrad die Spindel in Bewegung. Durch leichtes Dehnen der Faser wird diese der Spindel zugeführt sowie auf die Spindel gewickelt und bei deren Drehung gleichzeitig verdrillt. Je gleichmäßiger das geschieht, umso gleichmäßiger ist dann auch der gesponnene Wollfaden.
Von der gesponnenen Schafwolle wurden meist Socken, aber auch Pullover gestrickt. Warme Socken waren besonders von Nöten, da der alltägliche Schuh die Holzpantine war. In so einer offenen Fußbekleidung bekam man schnell kalte Füße.
Das Stopfen geschieht ähnlich dem Weben. Der Stopffaden wird mit der Stopfnadel zuerst in gleicher Richtung dicht nebeneinander über die zu reparierende Stelle geführt. Anschließend wird der Faden wie beim Weben abwechselnd über und unter dem vorherigen Faden durchgezogen - solange, bis die Stopfstelle völlig geschlossen ist. Das so verschlossene Loch hat dadurch ein kleines Gittermuster.

Gisela Bölke
 

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