Holzeinschlag um 1900 Nach Erzählungen Jänickendorfer Senioren Juli 2011
Wald gehörte in unserer Gegend früher zu jeder Bauernwirtschaft, da ein Landwirt mit einer Familie bei den kargen Böden ohne Walderträge kaum überleben konnte. Der Wald musste neben der Arbeit im Stall und auf dem Feld auch noch bewirtschaftet und gepflegt werden. Der Holzeinschlag erfolgte hauptsächlich während der Wintermonate. Holzeinschlag und notwendige Pflegemaßnahmen wie z.B. Durchforstung, die Brennholzaufbereitung zum Eigenbedarf für mindestens ein Jahr Vorrat, wurden jetzt erledigt, da zu dieser Jahreszeit auf Acker und Wiese kaum Arbeiten anfielen oder möglich waren. Vor dem Schlagen wurde das entsprechende Holz für den Eigenbedarf ausgesucht und zum Einschlag gekennzeichnet. Das betraf in erster Linie trockenes Holz bzw. solches, was ausgelichtet werden musste. Auslichten heißt, dass Platz gemacht wurde, um Licht in den Wald zu lassen, damit sich die Bäume kräftig entwickeln können. Das nennt man "grünen" Kahlschlag. Holz wurde auch zum Verkauf geschlagen. Zwischen 1945 und 1960 gab es eine Pflichtablieferung von Holz. Beim Schlagen des Holzes wurde nach seiner späteren Verwendung zwischen Brennholz und Nutzholz unterschieden. Die "Alten" sagen, dass man beim Holzschlagen dreimal ins Schwitzen kommt: beim Holen - beim Zerkleinern - und beim Heizen.
Bis Ende des 20.Jhdts. wurde das Holz vorrangig noch manuell geschlagen und transportiert. Das war eine sehr schwere und zeitintensive Arbeit. In den zu fällende Baum wurde kurz über dem Erdboden in die Fallseite ein Keil mit der Axt eingeschlagen. Auf welcher Seite war von der Hangrichtung des zu fällenden Baumes und vom Platz zwischen den in der Nähe stehenden Bäumen abhängig. Die Fallrichtung konnte auch noch durch Vorschneiden rechts oder links etwas korrigiert werden. Dann knieten sich zwei "Mann" (auch Frauen und Mädchen wurden in die Arbeit mit einbezogen) auf den Boden und begannen den Stamm mit einer Schrotsäge kurz über dem Boden abzusägen. Mancher befestigte ein Seil am Baum. Das war eine Hilfe, um den Baum beim Fallen in die richtige Richtung zu lenken. Blieb der gefällte Baum dennoch in der Krone hängen war er nur noch durch erhöhten manuellen Aufwand und unter erheblicher Gefahr für die Holzfäller zum Fallen zu bringen. Nicht selten kam es dabei zu Verletzungen. Lag der Baum am Boden, begann das "Ausknüppeln" oder "Ausästen". Darunter versteht man das Abschlagen der Äste mittels einer Axt. Grüne Äste und Zweige wurden oftmals gleich vor Ort eingebunden. Man legt dazu ein Bündel Reisig auf den Boden, kniet sich darauf und verschnürt das so zusammengepresste Reisig mit Stroh. Nur wenige waren in Besitz eines Reisigbindegerätes (auch Reisigpresse genannt) in welches man eine Schnur einlegt, worauf dann die grünen Tannenzweige kommen. Ähnlich wie eine Schere schließt man das aufgeklappte Gerät, wodurch die Zweige zusammengepresst werden. Die Schnur wird verknotet und ein Bund Backholz zum Brotbacken im Lehmbackofen, der sich auf fast jedem Gehöft befand, ist fertig. Solch ein Gerät hatten aber nur wenige Waldbesitzer. Die meisten mussten sich auf herkömmliche Weise, also auf das Reisig kniend, ihr Backofenreisig binden. Auch in den "Kuscheln" (Schonung) wurde oft schon einmal durchforstet. Die so gewonnenen Stangen mit Zweigen nutzte man als Faschinen zur Uferbefestigung an Gräben und Teichen. Grubenholz schnitt man in 2 m Länge. Ebenso wie Bauholz wurde dieses grundsätzlich gleich nach dem Fällen noch im Wald ausgeästet und mit einem Schäleisen per Handarbeit die Rinde entfernt, um die Qualität des Holzes zu erhalten. Dadurch wird Schädlingsbefall und Blaufärbung am Holz verhindert. Bauholz kam zum Sägewerk. Das Grubenholz wurde zum Holzplatz gefahren. Dieses Holz lieferte man zur Befestigung von Bergwerksstollen. In Jänickendorf befand sich auf dem heutigen BHG - Gelände bis 1966 der Grubenholzplatz. Hans Höhne war verantwortlich für Verkauf und Verladen des angelieferten Holzes. Das Sägewerk Große befand sich rechtsseitig in der Berliner Straße in Jänickendorf. Im November 1957 wurde es durch einen Brand vernichtet und nicht wieder aufgebaut. Zu Brennholz wurden ausschließlich trockene und nicht zu Nutzholz verwendbare Bäume geschlagen sowie das Abfallholz von Bau- und Grubenholzeinschlag verwendet. Zum Verladen von Langholz (Baumstämme in voller Länge) brauchte man Pferde. Mit ihrer Hilfe wurden die Baumstämme aus dem Wald gezogen, das Holz wurde "gerückt". Hilfreich beim Aufladen von Baumstämmen war auch die Hebelade, ein Gerät, das es schon seit 1800 gibt und mit dessen Hilfe eine Person alleine mehrere bis zu 20 m lange Baumstämme auf einen Achswagen heben kann. Dazu wird um die gefällten Baumstämme eine Kette gelegt, die am Lastarm befestigt ist. Die Hebelade besteht aus zwei senkrecht stehenden ca. 2m langen parallel verlaufende Bohlen, die mit Löchern versehen sind. In diese Löcher wird nun abwechselnd je ein Eisenstift immer weiter nach oben gesteckt, wodurch die Last immer höher gehoben wird. Der Achswagen kann in Vorder- und Hinterwagen getrennt werden, die beide mit einem Langbaum verbunden sind und mittels einer Kette zusammen gehalten werden. Er wurde der Länge des zu transportierenden Holzes angepasst. Wegen des erforderlichen Zusammenbindens musste der Achswagen aber mit einem Hub beladen werden. Erst wurde das Holz wie schon beschrieben vorn mit der Hebelade hochgehoben, so dass der Vorderwagen darunter geschoben werden konnte. Umgekehrt wurde das Holz am anderen Ende mit der Hebelade hochgehoben und der Hinterwagen darunter geschoben. Zusätzlich befestigte man den sich am Hinterwagen befindenden Langbaum nach rechts und links mit einer Kette an dem aufgeladenen Holz, damit der Hinterwagen beim Fahren nicht ausbrechen konnte. Diese Arbeit war trotz der Hebelade sehr mühsam und zeitaufwendig. Langholzfahrer waren in Jänickendorf Erich Hagen, Max Bethin, Willi und Richard Arndt sowie Ferdinand Emmermacher. Bernhard Klär fuhr viele Jahre das Holz zum Jänickendorfer Bahnhof - später nach Schönefeld - von wo aus es mit dem Zug weiter nach Berlin transportiert wurde.
Der Einsatz von Motorsägen in den späteren Jahren erleichterte die Arbeit schon wesentlich, ebenso wie der Einsatz von Langholzgummiwagen und Langholzhängern, zum Teil schon mit Traktoren gezogen. So wurde zum Beispiel das zu transportierende Holz mit Hilfe von Pferd oder Traktor und Seilen auf gummibereifte Wagen gezogen oder gerollt. Für Brennholz wurden die dicken Baumstämme schon im Wald zersägt. Dazu zerkleinerten zwei Personen das Holz auf dem Waldboden oder auf einem Sägebock mittels einer Bügelsäge. Im Wald arbeiteten meist die Männer mit ihren schon größeren Kindern. Bis Mitte des 20. Jhdts. wurde viel Brennholz benötigt. Es gab wenig Kohle und diese kostete Geld. Holz kostete "nur" Arbeit. Das Holz wurde geschnitten und gehackt und im Schuppen oder in Form von Holzmieten im Freien gestapelt. Viele Bauern brachten ihr Brennholz nach 1945 nach Luckenwalde, um es dort gegen Zement einzutauschen. Zu dieser Zeit nahmen auch Berliner Einwohner bündelweise Holz von hier mit nach Hause. Üblich war es ebenfalls das abzuliefernde Getreidesoll bei schlechter Ernte im Fläming mit Holz auszugleichen wie auch manchmal fehlende Schafwollmengen. Tannennadeln, auch "Müll" genannt, harkten die Bauern im Wald als Einstreu für die Tiere zusammen. Bis ca. 1960 durften im Wald wegen der Waldbrandgefahr und Schädlingsvermehrung keine Zacken liegen bleiben. Das zusammenharken war meist die Aufgabe der Flüchtlinge. Die Arbeit im Wald wurde nur durch eine halbe Stunde Mittagspause unterbrochen. Gern zündete man da ein Feuer an, steckte die mitgebrachten Stullen auf einen Stock um diese im Feuer zu rösten. Für die Kinder war das eine willkommene Abwechslung, auf die sie sich schon den ganzen Vormittag gefreut hatten. Dünne Stangen wurden geschält und zum Koppelbau bzw. als Wäsche- und Bohnenstangen verwendet. Jeder Bauer, der Wald besaß, bekam die Auflage Bauholz zu machen.
Mit dem hier geschilderten Holzeinschlag war aber die Waldarbeit nicht beendet. Es musste auch immer wieder neu angepflanzt werden. Dazu entfernte man nach einem Kahlschlag die Zacken, die Stumpen blieben meist im Boden oder wurden gerodet. Der Waldboden wurde abgeharkt und 60 cm breite Furchen gepflügt. In den glatten weißen Sand pflanzten die Bauern Sämlinge im Abstand von 50 cm. Diese holten sie sich aus der Baumschule. Oft halfen die Schulkinder beim Anpflanzen statt unterrichtet zu werden, zum Beispiel 1948 am Schlossberg Richtung Gottow. Der Förster kontrollierte, ob die Pflanzen auch fest saßen und sagte dann "hielt sie". Damit das Unkraut nicht zu hoch kommt, muss zwischen den Sämlingen gehackt werden. In den Reihen wird das Unkraut durch Mähen mit der Sense entfernt. Nach zehn Jahren werden diese Flächen das erste Mal durchforstet und was an Pflanzen unterdrückt wird, wird als Faschinen verarbeitet, z.B. für den Graben am Eichelkamm. Zur Neupflanzung von Kiefern stampfte man mit einem Klemmspaten tiefe Löcher in den Waldboden. Für Nadelgehölze ist der Spatenschaft lang und schmal. Laubgehölze werden mehrjährig verpflanzt und sind infolge dessen schon von größerem Wuchs. Dazu grub man mit einem Rund- oder auch Gartenspaten entsprechende Löcher, in die junge Bäume gesetzt wurden.
Die Arbeit im Wald war über viele Jahrhunderte eine schwere Arbeit, mühselig und zeitaufwendig.
Sieht man dagegen den Forstleuten im Jahr 2000 bei ihrer Arbeit zu, kann man in wenigen Minuten erleben wie ein Baum gefällt, Äste und Zweige entfernt werden und der Stamm in entsprechender Länge zugeschnitten wird.
Das von modernsten Maschinen - dem Harvester - aufbereitet Holz wird mit einem Rücketraktor aus dem Bestand geholt und am Wegrand exakt zum Verkauf bzw. Abtransport gestapelt.
Gisela Bölke
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