Kartoffeln buddeln
Sollten Kartoffeln angebaut werden, musste auf den in Jänickendorf sehr kargen und humusarmen Böden als erstes viel Stalldung untergepflügt werden und trotzdem eignete sich nicht jede Fläche zum Kartoffelanbau. Das betraf besonders solche mit einer sehr geringen Bodenwertzahl und einem niedrigen Grundwasserstand. Das "Setzen" der Kartoffeln war eine Arbeit, die Ende April oder Anfang Mai verschiedene Tage in Anspruch nahm. Hierzu wurden auf dem frisch gepflügten Acker mit der Hand Löcher in den Boden gestampft. Dazu nahm man ein sogenanntes Setzholz zu Hilfe. Mit diesem war es möglich, 4 - 6 gleichgroße Löcher in gleichen Abständen in den Boden zu stampfen. Eine zweite Person lief danach über den Acker. Diese hatte Saatkartoffeln in der gerafften Schürze oder auch in einer Saatmolle und legte diese - oft mit beiden Händen zugleich - in die vorbereiteten Löcher. Beim Weitergehen wurden die mit den Kartoffeln bestückten Löcher per Fuß zugetreten. Ab etwa 1940 gab es Lochmaschinen, die schon eine wesentliche Arbeitserleichterung darstellten. Die Löcher mussten nun nicht mehr mit dem unhandlichen und auch recht schweren Setzholz gestampft werden. Reichten die Saatkartoffeln einmal nicht aus, schnitt der Bauer große Kartoffeln dazu auf. Beim Setzen der Kartoffeln sollten die Keime stets nach oben im Boden liegen. Wenn Kraut aufkam wurde geigelt. Waren die Kartoffeln kurz vor dem Aufgehen, wurde der damit bestellte Acker nach dem Eggen in Handarbeit geharkt. Nach dem Harken wurden die inzwischen aufgegangenen Kartoffeln gehackt, also das Unkraut entfernt. Diesem Zwecke diente übrigens auch das vorangegangene Harken bzw. Eggen. Die Hackarbeiten dauerten oft tagelang, da jeder Fleck des Ackers so bearbeitet werden musste. Aufkommendes Unkraut würde den Kartoffelertrag erheblich mindern. Die letzte Arbeit vor dem Ernten war das "Häufeln". Zugehäufelt wurde dann mit dem Häufelpflug, der von Menschenhand durch den Acker gezogen wurde, um zwischen den Reihen eine Furche zu bekommen. Um 1920 gab es Häufelpflüge, die mit Hilfe eines vorgespannten Pferdes gezogen wurden, das der Bauer an einer Zugleine die Kartoffelreihen entlangführte. Das Häufeln diente dazu, um recht viel Erde um die Kartoffelstaude zu bringen. Damit sollten die wachsenden Kartoffelknollen vom Regen und Wind nicht frei gelegt sowie ihr Wachstum gefördert werden. Mit dem hier beschriebenen Häufelpflug arbeitete man bei uns bis in die 1960er Jahre. Nach dem Häufeln wurde nochmals gestriegelt, um das Kraut zu entfernen. Die dabei abgesackte Erde musste dann immer wieder hochgeholt werden. Traten kranke Stauden bei dem Saatgut auf, wurden auch diese entfernt, um ein Anstecken weiterer Kartoffelpflanzen zu vermeiden. September / Oktober begann die Kartoffelernte. Einstmals mit der Kartoffelhacke. Das ist eine kurzzinkige Hacke mit breit geformten Zinken, um die Kartoffeln beim Ausbuddeln nicht zu verletzten. Später nutze man dazu einen von einem Pferd gezogenen Kartoffelroder. Die geernteten Kartoffeln kamen in Kiepen oder Säcke und wurden am Abend mit dem Pferdewagen vom Acker eingesammelt. Da sich das Kartoffelbuddeln von Früh bis Abend über mehrere Tage hinzog, musste natürlich auch mal Pause gemacht werden. Dazu brachten sich die Bauern Brote und Getränke von zuhause mit. Aber auch frisch geerntete Kartoffeln wurden in einem kleinen, extra dafür angefachten Feuer auf dem Acker geröstet und verspeist. Nach der Ernte wurde der Acker noch mehrmals geeggt, um die noch im Acker verbliebenen Kartoffeln per Hand nachzusammeln - zu stoppeln. Zu Hause erfolgte das Sortieren der Kartoffeln mit der Hand oder einer Kartoffelklapper. Sie hat drei Siebe unterschiedlicher Größe. Diese lassen sich durch eine Kurbel in rüttelnde Bewegungen setzen, wodurch das Sortieren und Reinigen der Kartoffeln erfolgt. Die großen Kartoffeln wurden zu Speisekartoffeln verwendet, die kleinen als Saat- oder Futterkartoffeln. Der Sofortverbrauch an Kartoffeln kam in den Keller; ein Teil wurde auch fürs Frühjahr eingemietet. Dazu legte man Erdmieten an. Die unsortierten Kartoffeln wurden auf die Erde geschüttet. Auf diesen Kartoffelberg kamen dann Stroh, eine dünne Schicht Erde, dichter Müll (Waldspreu) oder Dung. Es war ein unausgesprochenes Gebot, dass Totensonntag die Mieten zu sein mussten, um die Kartoffeln vor aufkommenden Frost zu schützen. Nach 1945 gab es auch ein sogenanntes "Kartoffelsoll". Die Bauern hatten eine bestimmte Menge an Kartoffeln an staatliche Stellen abzuliefern. Für 1 Zentner Kartoffeln erhielten sie zwischen 3,-- und 4,-- Mark. Von Jänickendorf aus transportierte man einen großer Teil der Kartoffeln mit der Kleinbahn zu anderen Orten.
Gisela Bölke
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